Das " Museo delle Navi Romane " in Fiumicino / Rom
                (von Philipp Schmitt, Erlangen )
 

Museum
 

Einleitung
Eines der unbekannteren und deshalb leider wenig besuchten Museen in der Umgebung von Rom ist das "Museo delle Navi romane", das sich nicht zufällig ganz in der Nähe des internationalen Flughafens Leonardo da Vinci befindet. In diesem Gebiet liegt nämlich der Hafen des Claudius, von dessen Mole und Hafengebäuden noch kleinere Reste beim Museum zu sehen sind. Aus seinem Becken stammen auch die fünf vollständigen Rümpfe, einige weitere Schiffsfragmente und etliche Einzelfunde, wie Beigaben, Uferrandsteine und andere Objekte, die alle in das hier vorgestellte Schiffsmuseum vor Ort gelangten.

Museum aussen 1

Geschichte des Museums

Das Museum wurde in den Jahren zwischen 1965 und 1979 erbaut und eingerichtet, sein Inneres besteht aus einer weiten, nur durch kleine Fenster beleuchteten Halle, in der alle Funde ausgestellt sind. Die Ziele dieser Konstruktion sind zum einen der Schutz vor zu starker Lichteinwirkung und das Verhindern von größeren Temperaturschwankungen, der Raum soll aber auch an das Aussehen einer Schiffswerft erinnern. Die Schiffe selbst sitzen auf einfachen Stahlstützkonstruktionen, die den Blick des Betrachters kaum stören oder einengen. Nach fast 20-jähriger Arbeit ,vom ersten Fund aus gerechnet, wurde das Museum, an dessen Ausstattung auch das Institut für Photogrammetrie der TH Karlsruhe mitwirkte, am 10.11.1979 eingeweiht.

Ausgrabung der Schiffe

Schon 1958 kam der erste Fund während der Bauarbeiten für den neuen Flughafen 'Leonardo da Vinci' zufällig ans Tageslicht. Die wichtigsten Daten wurden nur kurz aufgenommen und, da sich in den umgebenden Schichten keine weiteren Gegenstände fanden, wurde die Stelle bis auf weiteres wieder zugedeckt. Erst als weitere Bauarbeiten den gesamten Bereich bedrohten, wurde das 'oneraria maggiore II '-Wrack vollständig ergraben, und auf einer Art Schlitten als Ganzes vorerst in eine Notunterkunft gebracht. 1959 wurden dann das Fischerboot, direkt danebenliegende Wrackteile und das 'oneraria minore I' untersucht, aber noch nicht geborgen.

Zur Restaurierung und Konservierung :

Eine Vorreinigung und Untersuchung der Zusammensetzung der die Schiffe umgebenden Sandschichten fand noch 1958 statt. Nach längeren Forschungen bezüglich des Konservierungsmittels wurde schließlich die Kunstharzmischung "Coriarca", eine Metacrylat-Polyester-Verbindung, gewählt. Zunächst wurde nun das Fischerboot in einem Block geborgen, gereinigt und im Depot genauer untersucht. Nach dem erfolgreichen Verlauf dieser Prozedur wurden auch die restlichen Schiffe nach dieser Methode ausgegraben. Danach wurde begonnen, das Holz der Rümpfe vorzubehandeln und nach guten Testergebnissen mit der neuen Mischung zu konservieren. Aber erst, nachdem am Anfang der 60er Jahre die Ministerien für Luftfahrt und Luftverteidigung ihr Einverständnis gegeben hatten, konnte 1965 mit dem Bau eines richtigen Museums für die Schiffe am Ort ihrer Auffindung selbst und auch mit der Bergung des letzten Schiffes im Hafen des Claudius, das 'oneraria minore II', begonnen werden.

Zur Chronologie und Typologie :

Die Forschungsergebnisse des "Istituto di Antropologia e Paleontologia" in Pisa und des "Istituto di Chimica" in Rom der C14-Untersuchungen verschiedener Objekte erbrachten Daten von ca. 200 v. Chr. (Muscheln) bis ca. 100 n. Chr. (Holzteile). Da die archäologisch gewonnenen Datierungen der Beifunde sich je nach Schiff vom 1.Jht n. Chr. bis ca 200 n. Chr bewegen, weisen beide Methoden also auf ungefähr den gleichen Zeitraum hin. Bezüglich der äußeren Form der Schiffe lassen sich kaum Parallelen anführen, vor allem aus dem ligurischen Gebiet sind ähnliche Typen bekannt, daneben wird auf das County-Hall-Wrack aus London verwiesen.

Rundgang :

Die Schiffe sind chronologisch zu einem Rundgang angeordnet, aber ihren Typen nach zusammengestellt, wogegen alle Beifunde gemeinsam in zwei Vitrinen besichtigt werden können. Über die ganze Halle verteilt finden sich die größeren Einzelfunde, wie Molensteine, Marmorblöcke aus Steinbrüchen und fragmentarisch erhaltene Schiffsteile.


Das Fischerboot

Es ist das einzige Beispiel seines Typs, das - wenn auch nahe der Küste- im offenen Meer gefunden wurde, seine Rumpfform ist leicht asymmetrisch, ähnlich den Lagunenbooten von Venedig. Genau in der Mitte des Bootskörpers war ein 'Meerwasserbehälter' eingebaut, eine Art Kasten mit verschließbaren Öffnungen in der Unterseite, durch die zur Frischhaltung des Fangs Wasser eingelassen werden konnte. Zusätzlich war es dem Fischer möglich, die Oberseite des Kastens mit mehreren Holzplanken abzudecken.

Die parallel liegenden Planken des Rumpfes wurden durch Holzstifte und -plättchen miteinander verbunden und durch Querstreben zusammengehalten. Über der Wasserlinie sind anhand der unterschiedlichen Erhaltungszustände des Holzes noch Brandspuren zu sehen, die auf die Art der Zerstörung des Bootes durch Feuer hinweisen.

An Kleinobjekten fanden sich u.a. eine Schuhsohle, aus der sich die recht einfache Form einer Schnürsandale in Kindergröße rekonstruieren ließ. Mehrere Löcher im Material zeigen die Punkte der Knüpfungen. Öllampenfragmente aus dem Boot lassen sich an das Ende des 1.Jhs. n. Chr. datieren, dagegen gibt ein Kupferring mit ungedeutetem Muster (Siegel?) Rätsel auf.

Gleich neben den Überresten des antiken Schiffs befindet sich eine kleine Holzrekonstruktion desselben von G. Carta nach M.A. Ricciardi von 1984.

Das kleinere Lastschiff I

Bei seiner Auffindung 1959 noch gut erhalten, wurde es 1962 unglücklicherweise durch einen Blitzschlag in seine Notunterkunft schwer beschädigt. Dennoch ist von ihm die einzige Rahe als Fragment erhalten geblieben (bei den Kleinfunden in der Vitrine zu sehen). In seiner Konstruktion gleicht es sehr dem folgenden kleineren Lastschiff II.

Daneben ist u.a. ein Sarkophag aus Ostia Antica ( Ende 3.Jh.) mit einer Meeres- und Hafenszene ausgestellt, vor allem aber ein Abguß des Torlonia-Reliefs ( 3.Jh.), das eine detailreiche Darstellung eines Hafens mit seinem Leuchtturm und zwei Schiffen zeigt.

An den Wänden befinden sich leicht vergilbte Großdias, die die Ausgrabungsmethoden illustrieren und die Wracks in den verschiedenen Phasen der Erforschung zeigen.

Das 'oneraria minore II'

1965 als letztes der fünf Schiffe ergraben, ist es auch das besterhaltene der hier ausgestellten Wracks. Wie bei den anderen, führte auch hier ein Brand zu seiner Zerstörung und zum Untergang, dennoch sind am Kiel und an anderen, unter Wasser liegenden Teilen des Rumpfes noch jetzt Details der Konstruktion zu erkennen : Die Planken waren teils mit Eisennägeln an den Spanten und am Mittelbalken befestigt, dazu fanden sich Reste eines Kupferbeschlags für speziellle Partien des Rumpfes. Im Inneren sind noch Reste der Bodenabdeckung erhalten, sowie eventuelle Vorrichtungen für eine Ladebrücke, von außen sind Öffnungen und Haltevorrichtungen für das Steuerruder erkennbar. Besonders interessant sind auch hier die Kleinfunde, darunter ein Waaggewicht in Form einer Caracallabüste (Anfang 3.Jht), das nach seiner Auffindung verschwand. eine wohl afrikanische Öllampe mit dem Christogramm ( Anfang 4.Jht) und eine Bronzestatuette der Aphrodite Anadyomene aus dem rhodischen Bereich (Ende 2.Jht.); schließlich ein hölzerner (Würfel)becher mit Riffeldekor und etliche weitere Objekte, nicht zuletzt viele Nußschalen, Pinien- und Pfirsichkerne u.ä., was interessanteRückschlüsse auf den Speiseplan der Seeleute zuläßt.

Etwas weiter ist neben zwei Marmorblöcken mit Inschrift das Fragment eines großen Lastschiffes aufgestellt, von dem nur acht Planken auf einer Länge von ca. 3 Metern erhalten sind, zwei davon mit einem auffälligen halbkreisförmigen Durchschnitt. Direkt daneben befindet sich das Modell eines holländischen Frachtschiffes römischer Zeit aus dem Rhein bei Zwammerdam, das als Geschenk 1984 aus den Niederlanden hierherkam.

Das 'Nave oneraria maggiore I' , das erste der beiden großen Schiffe, wurde schon in der Antike stark vom Feuer beschädigt, und mußte deshalb besonders sorgfältig konserviert werden. Hier wurde die in eine Planke eingebrannte Inschrift "TRITUTA" , etwa : "dreimal gerettet", gefunden, was als Hinweis für eine Wiederverwendung älterer Bauteile bei neuen Schiffen gedeutet wird, hier vielleicht auch im Sinn eines apotropäischen Glücksbringers. Auch hier stießen die Ausgräber auf Reste eines Kupferbeschlags und der Kalfaterung, im Holz selbst sind noch Spuren der Axtschläge sichtbar. Daneben läßt sich hier sehr gut die Art der Steckverbindung der Kielbalkenelemente erkennen. Unter den kleineren Objekten taucht auch hier eine Öllampe ähnlichen Typs mit Christogramm auf, daneben ein Teller mit Kupferlegierung und einer Art Stanzdekor, und Kleingeräte aus Knochen.

Das 'Nave oneraria magiore II' erhielt trotz der Brandschäden einen Großteil seines Innenaufbaus, der glücklicherweise schon während der Grabungen photografisch dokumentiert wurde. Der Rumpf zeigt die stabilste Konstruktion aller fünf Schiffe, was durch seine alle anderen Schiffe übertreffende Größe bedingt ist. Leider kam es in neuerer Zeit zu Schäden durch Raub oder mutwillige Zerstörung, heute jedenfalls ist nur noch der flache Unterkörper erhalten. Zu den wenigen Kleinfunden gehören: ein Fuß einer Weinamphore, drei Stücke Seil (Durchmesser ca. 1.2 cm), die aus je drei kleineren Kordeln gedreht wurden und der Griff eines Messers.

Schiffsreste

Neben den oben beschriebenen Gegenständen sind in zwei weiteren Vitrinen Einzelfunde teils aus dem Hafengebiet, teils auch aus dem Meer in Küstennähe ausgestellt : Hier befinden sich Bleisiegel der Marmorblöcke, die aus verschiedensten Steinbrüchen nach Rom kamen, Anker verschiedener Epochen und aus unterschiedlichem Material, Amphoren für den Transport von Öl und Wein, einige Münzen der mittleren Kaiserzeit und Glasfragmente eines Bechers. Besonders interessant ist der Abguß einer Inschrift von 210 n.Chr., die schon 1959 bei der Mündung des Hafenkanals gefunden wurde ( das Original befindet sich heute im Museo Nazionale Romano), aus der neben anderen Informationen die Bezeichnung derjenigen Hafenarbeiter als 'Saborrarii' hervorgeht, die im andauernden Kampf gegen die Versandung des Hafenbeckens eingesetzt wurden, und wohl auch die Maßeinheitan Arbeit, die sie täglich zu leisten hatten. Das Bild wird abgerundet durch weitere Bildwände zur Illustration verschiedener antiker Hafenanlagen des Mittelmeers und ihrer Erforschung, Photos der Grabungen der Schiffe vom Nemi-See und Darstellungen von Schiffen in Mosaiken aus Ostia Antica (Piazza delle Corporazioni). Zwei große, mit schaltbaren Lichtpunkten versehene Landkarten des Mittelmeeres geben dem Besucher nicht zuletzt die Möglichkeit, sich einerseits über Handelsrouten aller wichtigen Güter der antiken Welt zu informieren und andererseits Weiteres über Fundorte und Aufbewahrungsmaßnahmen vieler antiker Wracks in ganz Europa zu erfahren. Alles in allem ist das Museo delle Navi nicht nur für nautisch interessierte Besucher zu empfehlen, sondern allen, die etwas mehr von einem wenig bekannten Bereich der alten Welt kennenlernen möchten, und sich nicht von einer teilweise etwas verblichenen Einrichtung und der nicht ganz leichten bzw. billigen Anfahrt abschrecken lassen. In jedem Fall sind ihm aber mehr Besucher und eine größere Bekanntheit zu wünschen.

Adresse: Museo delle Navi Romane. Eintritt Lit.4.000 Fiumicino - Aeroporto tägl. 9.00 - 13.00, dazu Di. und Do.: 14.30 - 17.00
Via A. Guidoni, 37; Tel. 0033/06/65.01.00.89
-> Führungen zu Museum und antikem Hafengebiet: jeden ersten Samstag und letzten Sonntag eines Monats.
Anfahrt:

Literatur : - Valnea S. M. Scrinari (Hrsg.), Le navi del porto di Claudio, Roma 1979
- dies., Guida al Museo delle navi, Roma ca. 1985
 
Mahdia1993
ROHClass by Marcus Nenninger

DEGUWA LogoDEGUWA Infopage
 


Diese Seite wurde zuletzt geändert am 7.4.2004.
Fragen und Verbesserungsvorschläge an: Dr. Marcus Nenninger Regionalbeauftragter der DEGUWA für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen